#3: So ein Kindergarten!

Altar der Gertrudenbruderschaft, Umkreis Henning van der Heide, 1509 – Museumsquartier St. Annen Lübeck

[Originalpost vom 7. April 2019]

Heute haben wir mal wieder das Museumsquartier St. Annen in Lübeck besucht (übrigens mein absolutes #Lieblingsmuseum!) und diesmal möchte ich euch den Sippen-Altar vorstellen.
Dieses Altarretabel, in Auftrag gegeben von der Lübecker Gertrudenbruderschaft und 1509 fertiggestellt, zeigt die Heilige Sippe, praktisch die gesamte Großfamilie Jesu wie man sie sich im Mittelalter vorstellte. Gruppiert um die Hl. Gertrud in der Mitte, die Patronin der Bruderschaft, finden sich Anna als Jesu Großmutter, die drei Marien als ihre Töchter, und auf dem rechten Flügel auch Eliud, ein Neffe Annas.
Daneben sehen wir einen “ganzen Stall” von Kindern, Jesus und diverse seiner Cousins, darunter auch der Heilige Jakobus (linker Seitenflügel) und der Heilige Servatius von Maastricht (rechter Seitenflügel). Um sie für den Betrachter erkennbar zu machen, tragen sie bereits im Kindesalter ihre ikonographischen Attribute und sind im Kinder-Pilger-Outfit oder als Miniatur-Bischof dargestellt. Das entspricht natürlich nicht der Realität.
Aber was macht den Altar nun zu meinem #Lieblingsobjekt? Zwei Dinge:

Erstens gibt er uns einen interessanten Einblick in die Gesellschafts- und Familienstrukturen im Mittelalter. Familienbande waren gerade in städtisch-bürgerlichen Verhältnissen wichtig und so erfreute sich die Heilige Sippe als “die” Familie schlechthin im ausgehenden Mittelalter wachsender Beliebtheit.
Zweitens bietet uns der Altar einen fast intimen Einblick in das praktische Familien- und Kindesleben im Mittelalter. Wir sehen Kinderkleidung wie das Mützchen auf dem Kopf des Säuglings oder die Schürzchen, die die Kleinkinder tragen. Wir sehen Spielzeug wie das Steckenpferd. Die stillende Mutter oder Kindergeschirr wie den Breitopf oder die mittelalterliche Version einer Nuckelflasche. So viele Eindrücke von der mittelalterlichen Kindheit an einer Stelle findet man sonst nur selten!

Kennt ihr ähnliche Beispiele? Oder seid ihr vielleicht sogar selbst mit (Klein-)Kindern im Bereich Living History unterwegs? Berichtet uns von eurem Erfahrungen!

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