„Alltag“ – jeder von uns kennt ihn, jeder von uns hat ihn, und obwohl er manchmal nicht sonderlich spannend sein mag, so macht er doch den Hauptteil unseres Lebens aus. Wenn wir das Leben eines spätmittelalterlichen Menschen verstehen wollen, darf der Alltag also nicht fehlen. Wie sah der aber aus?
Ganz wie heute richtet sich der Alltag nach ganz verschiedenen Faktoren: Einkommen, Beruf und sozialer Stand waren die grundlegenden Rahmenbedingungen, die das alltägliche Leben gestalteten.
Anneke und Lukas Vos sind Bürger in einer reichen und großen norddeutschen Stadt. Städte waren im ausgehenden Mittelalter aufstrebende Ballungszentren. Hier wurde Politik gemacht, Kultur geschaffen, hier entstand das moderne Bank- und Geldwesen. Städte verwalteten sich häufig selbst, mit einem selbstbewussten Patriziat an der Spitze, das dem Adel des hohen Mittelalter zusehends den Rang ablief. Wer am Fortschritt teilhaben wollte, musste Bürger werden.
Im Mittelalter war noch lange nicht jeder Stadtbewohner gleichzeitig ein Bürger. Bürger musste man erst einmal werden und dafür brauchte es neben dem Grundbesitz in der Stadt auch ausreichend Einkommen, und den Schwur, mit dem man sich der städtischen Gemeinschaft verpflichtete. Dafür erhielt man das Bürgerrecht und viele Privilegien, aber auch Pflichten.
Als Buchhandwerker gehören Anneke und Lukas dem Stand an, den man heute wohl als gehobene Mittelschicht bezeichnen würde. Sie besitzen ein Haus und eine eigene Werkstatt, zu der auch einige Gesellen gehören. So lebt es sich nicht schlecht und man kann sich den einen oder anderen Luxus gönnen. Aber Vorsicht!, das Leben in der Stadt ist streng geregelt und Verstöße gegen die öffentliche Ordnung werden hart geahndet. Das gilt auch für Prunk und Protz: Luxusordnungen regeln, mit wie viel Schmuck man sich in der Öffentlichkeit zeigen darf.
stat loff *, oder in moderner Übersetzung: Stadtlob, bezeichnet eine mittelalterliche Lobrede auf eine Stadt. Auch wir wollen das Stadtleben loben, indem wir Euch einen Einblick in den Alltag des Ehepaars Vos geben. Wie wohnten sie? Wie lebte es sich als Bürger? Und war in der Stadt wirklich alles toll (oder schlecht)?
Diese Darstellung arbeitet vor allem über das Anfassen und Erkunden und ist in erster Linie bei der Belebung historischer Stadthäuser im Einsatz. Dort könnt Ihr dann mit allen Sinnen am Alltag teilhaben: den spätmittelalterlichen Tagesablauf miterleben, die Schlafkammer eines Bürgerehepaars erkunden, und sehen, was sonntags auf den Tisch kam. Einige Displays zum Alltag in der Stadt befinden sich gerade im Aufbau.
* der Begriff selbst ist nicht zeitgenössisch, sondern kommt erst im 16. Jahrhundert als laus urbium auf.